Bei unserem letzten Dienstabend haben wir uns dieses Mal mit einem Thema befasst, das es so für die meisten unserer Einsatzkräfte noch nicht gab: „Human Factors“ und „Crew-Resource-Management“.
Katastrophen und Notfälle jeglicher Art stellen immer eine enorme Herausforderung für unsere Einsatzkräfte dar. Neben der physischen Belastung spielen auch psychologische und organisatorische Faktoren eine entscheidende Rolle. Hier kommen Konzepte wie „Human Factors“ und das „Crew-Resource-Management“ (CRM) ins Spiel, die dazu beitragen sollen, die Effizienz und Effektivität des Teams zu verbessern und Fehler zu vermeiden.
Human Factors: Die Bedeutung des menschlichen Faktors
„Human Factors“, auch bekannt als menschliche Faktoren, beschäftigen sich mit der Wechselwirkung zwischen Menschen, Technologie und Umwelt. Für uns als Bereitschaft bedeutet es, dass wir die besondere Rolle unserer Einsatzkräfte im Einsatz als auch im Alltag verstehen und sicherstellen müssen. Darüber hinaus müssen wir die Arbeitsumgebung und Abläufe so gestalten, dass die menschlichen Fehler minimiert werden.
Ein grundlegendes Prinzip der Human Factors ist die Berücksichtigung menschlicher Bedürfnisse und Verhaltensweisen. Dazu gehören Aspekte wie Stressbewältigung, Entscheidungsfindung unter Druck, Kommunikation und Zusammenarbeit im Teams sowie die Gestaltung von Arbeitsabläufen und -umgebungen, die die Leistungsfähigkeit der Einsatzkräfte positiv beeinflussen sollen.
Crew-Resource-Management: Teamarbeit und Kommunikation
Das „Crew-Resource-Management“ ist ein Trainingskonzept, das ursprünglich in der Luftfahrt entwickelt wurde, um die Sicherheit und Effizienz von Flugbesatzungen zu verbessern. Dabei bezieht es sich auf die effektive Nutzung von Ressourcen wie Mensch, Maschine und Informationen, um komplexe Probleme in sicherheitskritischen Situationen zu lösen.
Auch im Katastrophenschutz bzw. Sanitätsdienst kann CRM auf eine ähnliche Weise angewendet werden, um die Leistung von Gruppen und Rettungsteams zu optimieren und Fehler zu vermeiden.
Die zentralen Prinzipien des Crew-Ressourcen-Managements sind unter anderem:
1. Klare Kommunikation:
Eine offene und klare Kommunikation ist entscheidend, um Informationen auszutauschen, Entscheidungen zu koordinieren und Missverständnisse zu vermeiden.
2. Teamarbeit und Führung:
Effektive Teamarbeit erfordert eine klare Rollenverteilung, Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen. Führungskräfte müssen in der Lage sein, Teams zu motivieren, zu koordinieren und zu führen.
3. Ressourcenmanagement:
Dies beinhaltet die effiziente Nutzung von Personal, Ausrüstung und Zeit, um die Ressourcen optimal einzusetzen und Engpässe zu vermeiden.
4. Entscheidungsfindung:
In Notfällen müssen Entscheidungen oft schnell getroffen werden. Das CRM betont die Bedeutung einer fundierten Entscheidungsfindung, die auf Fakten, Erfahrung und einer klaren Bewertung der Situation basiert.
Aus diesen Grundprinzipien lassen sich für Einsatzkräfte folgende 15 CRM-Leitsätze ableiten:
1. Kenne deine Arbeitsumgebung.
2. Antizipiere und plane voraus.
3. Hilfe anfordern, lieber früher als später.
4. Übernimm die Führungsrolle oder sei ein gutes Teammitglied mit Beharrlichkeit.
5. Verteile die Arbeitsbelastung.
6. Mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personen und Technik).
7. Kommuniziere sicher und effektiv – sag, was dich bewegt.
8. Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen.
9. Verhindere und erkenne Fixierungsfehler.
10. Habe Zweifel und überprüfe genau („double check“, nie etwas annehmen).
11. Verwende Merkhilfen und schlage nach.
12. Reevaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip an).
13. Achte auf gute Teamarbeit – andere unterstützen und sich koordinieren.
14. Lenke deine Aufmerksamkeit bewusst.
15. Setze Prioritäten dynamisch.
Die Integration von Human Factors und CRM im Alltag und Einsatz
Die Integration von Human Factors und Crew-Resource-Management in der Bereitschaft bzw. dem Katastrophenschutz erfolgt eigentlich schon in den Lehrgängen und der Grundausbildung. Trotzdem hat das Thema und Training in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, weshalb wir es nochmals als eigenständiges Thema behandelt und besprochen haben. Es erfordert neben der grundlegenden Schulung und Sensibilisierung der Einsatzkräfte auch in allen anderen Übungen und Trainings eine ständige Berücksichtigung und Anwendung. Dies können Trainings zur Entscheidungsfindung, Einsatz- und Übungsnachbesprechungen sowie Kommunikationsübungen und Stressmanagement sein. Nur so können unsere Einsatzkräfte ihre Fähigkeiten zur effektiven Teamarbeit verbessern.
Außerdem möchten wir auf diesem Wege weiter unsere Arbeitsumgebungen und -prozesse kontinuierlich auswerten und optimieren, um menschliche Fehler zu minimieren und die Leistungsfähigkeit der Teammitglieder zu maximieren. Das klingt aufwendig und kompliziert, doch insbesondere im Ehrenamt ergibt dies Sinn, denn wir übernehmen unsere Aufgaben nicht hauptberuflich und trotzdem muss im Ernstfall jeder Handgriff sitzen.
Insgesamt bieten die „Human Factors“ und das „Crew-Resource-Management“ immer wieder wertvolle Ansätze, um die Effektivität unserer Sanitätsgruppe zu verbessern, den Teamgeist zu stärken.