Bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV) ist die Anzahl an verletzten und betroffenen Personen besonders hoch. Um am Einsatzort ein strukturiertes medizinisches Einsatzmanagement gewährleisten zu können, wird der PRIOR®-Algorithmus verwendet.
Diesen haben unsere Einsatzkräfte am Dienstabend sowohl theoretisch als auch in einer kleinen praktischen Übung wiederholt. Dazu hat unser Gruppenführer Marwien mittels kleiner Kärtchen, auf denen die Verletzungen der Patienten beschrieben waren, vorbereitet. In einer ersten Übung haben unsere Einsatzkräfte diese simulierten Patienten auf unserem Gelände suchen und einer Sichtungskategorie einteilen müssen. Nachfolgend wurden der PRIOR®-Algorithmus und seine Kriterien ausführlich besprochen. Abschließend konnten unsere Sanitäterinnen und Sanitäter das Gelernte in der gleichen Übung nochmal anwenden und ihre vorherigen Entscheidungen überprüfen.
Triage nach PRIOR® in verschiedene Sichtungskategorien
Bei der Sichtung einer größeren Anzahl verletzter oder betroffener Personen wird eine sogenannte Triage angewandt. Dabei handelt es sich um die Einteilung der Patienten bei einer Großschadenslage. Ist die Zahl der betroffenen Personen unerwartet hoch, können sie nach Priorität medizinisch versorgt werden. Dies ist erforderlich, weil beim Massenanfall Verletzter oder Erkrankter die zur Versorgung stehenden Ressourcen gezielt dort eingesetzt werden müssen, wo sie am meisten benötigt werden. Die Triage gewährleistet ein strukturiertes medizinisches Einsatzmanagement und erhöht somit die Überlebenschance Schwerstverletzter.
Wie wird die Triage durchgeführt?
Beim PRIOR® (Primäres Ranking zur initialen Orientierung im Rettungsdienst) handelt es sich um einen alltäglich anwendbaren, standardisierten Vorsichtungs-Algorithmus, der maßgeblich von Rettungsfachpersonal angewendet werden soll. Eine anschließende ärztliche Sichtung muss der Vorsichtung zwingend folgen.
Der Algorithmus bzw. Ablauf lehnt sich an das bekannte und anerkannte ABCDE-Schema und damit an die tägliche Routine im Rettungsdienst, was es leichter zu erlernen und sicherer in der Anwendung macht als andere Algorithmen.
Das Ziel ist die Erst-Priorisierung schwerstverletzter und erkrankter Betroffener bei Großschadensereignissen, um die Überlebenschance dieser Patienten zu erhöhen und frühestmöglich ein medizinisches Lagebild zu erzeugen.
Dabei wurde das System nicht nur für die Identifizierung von leicht verletzten Personen der Sichtungskategorie I (SK I) entwickelt, sondern auch zur sicheren Identifizierung von nicht vital bedrohten oder erkrankten Betroffenen, die der SK III zugeordnet werden können.
In allen Schritten der Triage gelten die lebensrettenden Sofortmaßnahmen (LSM), die jeder in der Ersten-Hilfe lernt. Dies sind z.B. die stabile Seitenlage, das Freimachen der Atemwege oder das Stoppen stark blutender Wunden.
Welche Sichtungskategorien gibt es?
Die folgenden Sichtungskategorien sind nahezu weltweit einheitlich und beinhalten auch die wesentlichen militärischen Standards der NATO. Die Einteilung erfolgt immer unter Berücksichtigung der Anzahl der Personen, der Schwere der Verletzung bzw. Erkrankung und der zur Verfügung stehenden Mittel zur Versorgung.
Sichtungskategorie T1 / SK I / I (rot)
Die Person hat eine akute, vitale Bedrohung und bedarf einer Sofortbehandlung. Dies können sein, Bewusstlosigkeit, Atemstörungen, Kreislaufstörungen, Bewusstseinsstörungen oder sehr starke Schmerzen am Körperstamm.
Sichtungskategorie T2 / SK II / II (gelb)
Die Person ist schwer verletzt/erkrankt und kann nicht ohne Hilfe gehen. Es gilt eine aufgeschobene Behandlungsdringlichkeit mit Überwachung.
Sichtungskategorie T3 / SK III / III (grün)
Die Person ist leicht verletzt oder erkrankt. Eine spätere (ggf. ambulante) Behandlung ist möglich.
Sichtungskategorie T4 / SK IV / IV (blau)
Die Person hat keine Überlebenschance, bzw. befindet sich im Sterben. Es erfolgt eine betreuende (abwartende) Behandlung oder Sterbebegleitung.
Im PRIOR® Algorithmus werden Verletzte nur in die Sichtungskategorien SK I bis SK III eingeteilt. Die Sichtung der verletzten Personen erfolgt in sehr kurzer Zeit und dauert bei trainierten Einsatzkräften nur 7–10 Sekunden. Dies ist erforderlich, um alle Personen innerhalb eines adäquaten Zeitraums sichten zu können, ohne, dass man sich mit einer einzelnen lange aufhält.
Tote werden von diesem System primär nicht erfasst. Gebräuchlich sind jedoch die Kennzeichnung und Registrierung mit schwarzer Farbe. Diese Einteilung obliegt einem Arzt und erfolgt in der ärztlichen Sichtung.
Unverletzte werden ebenfalls nicht von diesem System erfasst, sie werden vom Betreuungsdienst nur namentlich registriert. Sie bekommen trotzdem auch eine Verletztenanhängekarte, werden aber nicht kategorisiert.

Wozu benötigt man eine Patientenablage
Patientenablagen haben die Aufgabe, Verletzte und Erkrankte aufzunehmen und zu sammeln. Es erfolgt immer eine Registrierung und (Vor-)Sichtung entsprechend der Sichtungskategorien. Ziel ist die Herstellung der Transportfähigkeit in die nächste Versorgungseinrichtung (Behandlungsplatz oder Krankenhaus). In der Patientenablage selbst erfolgen keine umfangreichen, medizinischen Versorgungen. Lediglich die Erstversorgung Verletzter oder Erkrankter erfolgt in Form von lebensrettenden Sofortmaßnahmen.