Medizinprodukte benutzen unsere Einsatzkräfte nahezu tagtäglich. Doch wie genau definiert sich ein Medizinprodukt und was ist vor bzw. während der Anwendung zu beachten? Mit genau diesen Fragen haben sich unsere Helferinnen und Helfer am gestrigen Dienstabend beschäftigt. In unserem heutigen Bericht könnt ihr mehr darüber lesen.
Rechtliche Grundlagen
Das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) gibt die rechtliche Grundlage für die Arbeit mit Medizinprodukten in unserer Bereitschaft vor. Ziele dieses Gesetzes sind Vorgaben zur Produktsicherheit, der Qualitätssicherung sowie die unbedenkliche Nutzung. Daraus resultiert der Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten.
Medizinprodukte nach §6 MPDG
Seit dem 26.05.2021 gilt das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), welches das zuvor seit 1995 gültige Medizinproduktegesetz (MPG) abgelöst hat. Es enthält die grundlegenden Anforderungen, die Medizinprodukte in Deutschland erfüllen müssen. Nach §6 des MPDG gelten alle Instrumente, Apparate, Vorrichtungen oder Stoffe als Medizinprodukte, die dem Zwecke der Prävention, Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation dienen. Genauer heißt dies, dass die Geräte zum Erkennen, Verhüten, Überwachen oder zur Linderung von Krankheiten oder Verletzungen eingesetzt werden. Dabei können sie im oder am Körper wirken. Auch die dazugehörige Software gilt als Medizinprodukt.
Medizinprodukte werden in aktive und nicht-aktive unterteilt. Beispiele für aktive Medizinprodukte sind das EKG, Defibrillatoren, Pulsoximeter, elektrische Beatmungsgeräte, Spritzenpumpen und Inkubatoren sowie Absaugpumpen mit Elektroantrieb. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine eigene Energiequelle (Strom, Gas, …) besitzen. Daher gehören auch Blutdruckmessgeräte mit Batterieantrieb, Elektrothermometer sowie ein Krankentragetisch mit elektrischem Antrieb zu den aktiven Medizinprodukten.
Entgegen gehören alle manuell betriebenen Geräte zu den nicht-aktiven Medizinprodukten. Dies sind etwa Beatmungsbeutel, handbetriebene Absaugpumpen oder Blutdruckmessgeräte. Weitere Beispiele für nicht-aktive Medizinprodukte sind Pflaster oder Verbandmaterial, Einmalhandschuhe oder DIN-Tragen sowie das Spineboard.
Eine weitere Klassifizierung sind die Medizinprodukte mit Messfunktion (messtechnische Medizinprodukte). In diese Kategorie fallen beispielsweise Fieberthermometer und Blutdruckmessgeräte.
Betreiber und Anwender gemäß Medizinproduktegesetz
Als Betreiber eines Medizinproduktes gilt derjenige, der das Gerät besitzt, und nicht derjenige, der Eigentümer ist. In der Praxis ist daher unsere Bereitschaft rechtlich gesehen der Betreiber einiger unserer Medizinprodukte, obwohl der Kreisverband Eigentümer ist.
Damit hat die Bereitschaft als Betreiber auch die Verantwortung, alle Gesetze und Vorschriften zur Inbetriebnahme und zur Anwendung einzuhalten. Diese ergeben sich aus dem MPDG sowie aus den Herstellervorgaben. Beispielsweise ist zu gewährleisten, dass die Medizinprodukte nur gemäß ihrer Bestimmung eingesetzt werden und regelmäßig geprüft werden.
Als Anwender handeln alle Personen, die vom Betreiber beauftragt werden. Dies können beispielsweise im Krankenhaus Ärzte sowie das Pflegepersonal sein, der ambulante Pflegedienst, aber auch die Helferinnen und Helfer in der Wasser- und Bergwacht. Auf unser Ehrenamt bezogen sind die Anwender alle Einsatzkräfte, die mindestens eine Ausbildung als Sanitäter bzw. Sanitäterin haben.
Für alle Laienhelfer, die ein öffentlich ausgehängtes AED nutzen, gilt diese Verordnung übrigens nicht.
Was ist bei Medizinprodukten zu beachten?
Um ein Medizinprodukt verwenden zu dürfen, müssen unsere Einsatzkräfte als Anwender sicher mit den Instrumenten umgehen können. Dazu benötigen sie eine entsprechende medizinische Ausbildung sowie eine Einweisung auf das jeweilige Gerät. Diese Einweisung dürfen nur Personen durchführen, die selbst entsprechend vom Hersteller durch geschultes Personal eingewiesen wurden. Die Personen werden „Beauftragte Personen“ genannt und nur sie dürfen Einsatzkräften eine Geräteeinweisung geben.
Alle aktiven Medizinprodukte müssen in einem Bestandsverzeichnis gelistet werden und die jeweilige Gebrauchsanweisung muss für jeden Anwender zur Verfügung stehen. Außerdem dürfen Medizinprodukte nur für ihren vorgesehenen Zweck verwendet werden. Sie müssen regelmäßig gewartet und zusätzlich vor jedem Einsatz getestet werden. Genaue Vorgaben zur Wartung werden vom Hersteller genannt.
Sollte es während der Benutzung von Medizinprodukten zu Störungen jeglicher Art kommen, besteht eine sofortige Meldepflicht. Funktionsstörungen oder Änderungen am Gerät sowie jede Beschädigung am Gerät können den Gesundheitszustand des Patienten verschlechtern oder gar zum Tod führen. Es ist eine sofortige Beweissicherung durch den Anwender und den Betreiber vorzunehmen sowie ein Bericht zu erstellen.
Besonderes Highlight des Dienstabends
Obwohl aufgrund des neuen Hygienekonzepts alle Dienstabende seit Januar wieder nur online stattfinden dürfen, gab es ein kleines technischen Highlight für unsere Einsatzkräfte:
Um das Thema Medizinprodukte nicht nur theoretisch, sondern auch mit praktischem Bezug zu schulen, hat unser Referent Nicolai mit einer Videokamera im Büro die Funktionsweise der Geräte vorgeführt. So konnte doch auch etwas Praxis anhand des Monitor-Gerätes (Typ Stryker LifePak 15) unseres Schwerlastrettungswagens oder des Beatmungsgeräts (Typ Medumat Standard 2) gemacht werden.