In den vergangenen Monaten gab es aufgrund der Flutkatastrophe vermehrt Marschverbände (auch Kolonnen genannt) auf den Straßen zu sehen. Aber was genau ist ein Marschverband und was sind mögliche Einsatzanlässe eines solchen Marschverbandes?
An unserem gestrigen Dienstabend konnten unsere Einsatzkräfte genau dies lernen. Dafür wurde über die Voraussetzungen sowie allgemeine Grundsätze und Regeln, wie z.B. die Marschgeschwindigkeit und den Fahrzeugabstand, gesprochen. Zudem waren auch der Marschbefehl sowie rechtliche Grundlagen Thema des Vortrags. Besten Dank an unseren Dozenten Stephan Reitz!
Was ist ein Marschverband?
Ein Marschverband, auch Kolonne genannt, besteht aus mindestens drei und maximal 30 Fahrzeugen, die das gleiche Ziel haben.
Nun dürfen aber nicht alle Fußballspieler privat mit ihren Pkw zum Spiel in einer Kolonne fahren. Voraussetzung für das Fahren im Marschverband ist eine einheitliche Kennzeichnung der Fahrzeuge. Üblicherweise wird dies schon durch die identische Lackierung und das Logo der Organisation zu einem Großteil erfüllt. Bei uns ist dies das rote Kreuz.
Auch das Blaulicht oder Flaggen an den Fahrzeugen sind eine entsprechende Möglichkeit der zusätzlichen Kennzeichnung. Dies ermöglicht eine deutliche Erkennbarkeit der Marschfahrzeuge für andere Verkehrsteilnehmer, da für einen Marschverband besondere Regeln im öffentlichen Straßenverkehr gelten.
Die Vorteile eines Marschverbandes zeigen sich in dem sicheren und rechtzeitigen Ablauf sowie in dem vollständigen und gleichzeitigen Vorankommen aller Einsatzfahrzeuge, die damit stets einsatzbereit sind.
Allerdings ist die Planung einer Kolonnenfahrt zeitlich sehr aufwendig. Außerdem muss sich der Verband an die Geschwindigkeit des langsamsten Fahrzeuges anpassen und kommt damit nur sehr schleppend voran, was eine erhebliche Belastung für den Straßenverkehr zur Folge haben kann.
Allgemeine Grundsätze und Regeln für den Marschverband
Die einheitliche Kennzeichnung ist auch ein Merkmal für die geschlossene Form, in der sich der Marschverband befindet. Dies bedeutet, dass die gesamte Kolonne verkehrsrechtlich als ein Fahrzeug zu betrachten ist.
Damit tritt beispielsweise auch das Nachfolgerecht in Kraft, welches besagt, dass die nachfolgenden Fahrzeuge in der Kolonne über eine rote Ampel fahren dürfen, sofern das Führungsfahrzeug die Kreuzung bei einer grünen Ampel passiert hat.
Die geschlossene Form bedeutet zusätzlich, dass sich keine kolonnenfremden Fahrzeuge im Marschverband aufhalten sollen. Dies lässt sich jedoch in der Praxis nicht immer vermeiden.
Eine Kolonne fährt unter einer einheitlichen Führung, dem sogenannten Verbandsführer bzw. Marschführer. Dieser muss bestimmte Kenntnisse über die Fahrzeuge (Höhe, Gewicht, maximale Geschwindigkeit) sowie über die Kraftfahrer (Führerscheinklassen) haben. Ebenso muss er Kenntnisse über die Befehls- und Meldezeichen (auch Übermittlungszeichen genannt) haben.
Das Führungsfahrzeug fährt mit eingeschaltetem Blaulicht. Falls es zur Absicherung und aufgrund der Länge des Marschverbandes sinnvoll ist, schaltet auch das letzte Fahrzeug das Blaulicht ein. Alle anderen Teilnehmer der Kolonne haben dieses jedoch grundsätzlich ausgeschaltet, da es als unangemessen gilt und andere Verkehrsteilnehmer zusätzlich verunsichern könnte.
An besonderen Gefahrenstellen wie großen Kreuzungen kann das Blaulicht aber auch an den übrigen Fahrzeugen eingeschaltet werden. Dies dient in diesem Fall der besseren Absicherung gegenüber allen anderen Verkehrsteilnehmern. Steht bereits das Führungsfahrzeug an einer roten Ampel und wartet, ist es sinnvoll das Blaulicht auszuschalten, da keine Wegerechte in Anspruch genommen werden. Dies ist für die anderen Verkehrsteilnehmer verständlicher, als ein stehendes Fahrzeug mit Blaulicht an einer roten Ampel.
Mehr zum Thema Sonder- und Wegerechte findest du hier.
Marschgeschwindigkeit und Fahrzeugabstände
Die Geschwindigkeit des Marschverbandes sowie die Abstände der einzelnen Fahrzeuge sind von mehreren Faktoren abhängig. Diese sind etwa der Fahrbahnuntergrund, das Gelände, die Tages- und Jahreszeit sowie auch der Fahrzeugtyp mit der zulässigen Maximalgeschwindigkeit. Grundsätzlich sind alle Werte im Marschbefehl festzuhalten und strikt einzuhalten.
Fahrzeugabstand
Strecke | innerorts | außerorts (bis 50 km/h) | außerorts (ab 50 km/h) | auf Autobahnen |
Abstand | 25m | 50m | 100m | 100m |
Fahrzeuggeschwindigkeit
Strecke | innerorts | außerorts | auf Autobahnen | Aufholgeschwindigkeit |
Geschwindigkeit | 30 – 45 km/h | 60 – 70 km/h | 60 – 70 km/h | max. 80 km/h |
Voraussetzungen für das Fahren im Marschverband
Bevor ein Marschverband starten kann, muss eine Genehmigung von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eingeholt werden. Dieser Antrag kann einige Zeit in Anspruch nehmen und sollte daher nach Möglichkeit rechtzeitig erfolgen. Bei Übungen ist dies ohne Probleme möglich. Bei anderen Einsatzanlässen wie beispielsweise bei einer Großschadenslage oder einem überörtlichen Einsatz ist das Fahren im Marschverband nicht immer planbar und muss kurzfristig erfolgen können.
Daher ist eine Erlaubnis im Katastrophenfall, bei Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie in einem Verteidigungsfall nicht notwendig. Eine gute Vorbereitung und eine gründliche Planung sind aber die Grundvoraussetzung für einen reibungslosen Ablauf und ein schnelles Vorankommen.
Wie vor jeder Fahrt mit den Einsatzfahrzeugen muss die Besatzung die Einsatzbereitschaft des Fahrzeuges sicherstellen. Dazu eignet sich am besten der WOLKEN-Check. Zudem muss insbesondere für die Kolonnenfahrt geprüft werden, ob sich Warnwesten sowie Flaggen und eine Winkerkelle auf den Autos befinden.
Was war nochmal der WOLKEN-Check und wie funktioniert er? Schau hier nach.
Schema eines Marschbefehls
Ein Marschbefehl unterteilt sich in fünf Punkte:
- Lage
- Auftrag
- Durchführung
- Versorgung
- Verbindung und Führung
Die Lage beinhaltet einerseits die Schadenlage und andererseits auch die eigene Lage. Ebenso kann es besondere Bemerkungen zur Lage geben.
Der Auftrag selbst beinhaltet die kurze Angabe des erhaltenen und durchzuführenden Befehls.
Für die eigentliche Durchführung des Marsches sind viele weitere Informationen notwendig. Wichtig sind unter anderem das Marschziel und der Marschweg sowie die Strecke mit der Entfernung und möglichen Durchlaufpunkten.
Außerdem werden die Marschform und die Reihenfolge der Fahrzeuge sowie das Führungsfahrzeug und der Schließende festgelegt. Ebenso muss die Marschgeschwindigkeit, die Höchstgeschwindigkeit und der Fahrzeugabstand notiert werden. Auch sollten die Punkte der Beleuchtung, der Marschsicherung sowie die Pausen (technischer Halt oder Rast) mit im Marschbefehl angegeben werden.
Die Versorgung betrifft einerseits die Betriebsstoffe der Fahrzeuge, andererseits aber auch die Verpflegung der Einsatzkräfte.
Unter dem Punkt „Verbindung und Führung“ werden im Marschbefehl beispielsweise die Funkrufgruppen sowie die Funkbereitschaft (Uhrzeiten) festgehalten. Außerdem können sonstige Meldestellen genannt werden. Auch der Platz des Marschführers wird hier genannt.